Auf den ersten Blick hört sich das ja gut an: Der Kakaopreis steigt, und Farmer sollten dadurch mehr verdienen können, richtig? Doch die Realität ist komplexer – gerade für die Kleinbauern in Guatemala, die oft nur sehr kleine Flächen von 0,8 bis 1,2 Hektar bewirtschaften. Viele dieser Farmer kämpfen trotz steigender Preise mit wirtschaftlichen Unsicherheiten. In diesem Beitrag möchten wir beleuchten, warum höhere Kakaopreise allein nicht ausreichen, um ihre Existenz nachhaltig zu sichern, und welche strukturellen Veränderungen nötig sind.
Das Problem mit steigenden Preisen und sinkenden Erträgen
Ein hoher Kakaopreis scheint zwar vorteilhaft, ist jedoch meist kein Ausdruck von Wertschätzung oder Unterstützung für die Farmer. Vielmehr steigt der Preis oft aufgrund externer Krisen und spekulativer Marktentwicklungen.
Im November 2024 liegt der Weltmarktpreis für Kakao bei etwa 7.000 Euro pro Tonne, und in der Spitze des Jahres erreichte er sogar 12.000 Euro. Diese extremen Preisschwankungen spiegeln jedoch nicht direkt die Realität der Farmer wider. Im Jahr 2025 wird der Weltmarktpreis laut Analysten auf etwa 8.000 USD pro Tonne geschätzt, doch der Markt bleibt volatil und für Farmer unsicher. Und trotz des extremen Kakaopreises an den Börsen zahlen die lokalen Coyotes, ja so nennen sie hier die Aufkäufer weniger als wir.
Von Beginn an haben wir uns daher entschieden, unseren Farmern über dem Marktpreis zu zahlen und unseren Preis unabhängig vom Weltmarktpreis jedes Jahr um 30 % zu erhöhen. Damit bieten wir den Farmern stabile und berechenbare Preise, die für viele andere Akteure der Branche keine Selbstverständlichkeit sind. Für das Jahr 2025 liegt unser Zielpreis bei 6 Euro pro kg Kakao, was den Farmern deutlich mehr Sicherheit und Planungsspielraum verschafft. Diese stabile Preisstrategie ist einer unserer USPs und zeigt unser langfristiges Engagement: Jedes Jahr kaufen wir verlässlich wieder ein, sodass die Farmer sich auf uns verlassen können.
Zusätzlich investieren wir in die Infrastruktur, etwa in ein zentrales Fermentationszentrum, das die Qualität verbessert und für eine bessere Wertschöpfung sorgt. Diese Maßnahmen kosten zwar extra, bringen den Farmern jedoch langfristig Vorteile und erhöhen ihre Einkommenschancen.
Ein Beispiel für die Einkommensentwicklung bei sinkender Produktion
Trotz dieser stabilen Preisstrategie kämpfen die Farmer mit sinkenden Produktionsmengen. Ein Beispiel verdeutlicht dies anhand eines typischen Ertrags pro Hektar. Im Jahr 2023 lag die Produktionsmenge pro Hektar bei etwa 350 kg Kakao. Aufgrund von Klimawandel, Krankheiten und dem Alter der Kakaobäume sank die Produktion 2024 jedoch um 40 %, was nur noch 210 kg Kakao pro Hektar ergibt. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf das Einkommen der Farmer:
- Preis pro kg (2024): 4,58 Euro
- Gesamteinnahmen pro Hektar bei 350 kg (2023): 350 kg x 3,50 Euro = 1.225 Euro
- Gesamteinnahmen pro Hektar bei 210 kg (2024): 210 kg x 4,58 Euro = 961,80 Euro
Für eine typische Farmgröße von 0,8 Hektar ergibt dies im Jahr 2023 einen Ertrag von etwa 980 Euro und im Jahr 2024 einen Ertrag von 769,44 Euro. Bei einer Farmgröße von 1,2 Hektar betrug das Jahreseinkommen 2023 etwa 1.470 Euro, während es 2024 auf 1.153 Euro fällt. Diese Zahlen verdeutlichen, dass die Farmer trotz des gestiegenen Preises im Jahr 2024 deutlich weniger Einkommen haben, da die Produktionsmenge massiv gesunken ist.
Die Kakaoproduktion wird durch verschiedene Faktoren stark beeinträchtigt: Durch den Klimawandel, der extreme Wetterereignisse wie Dürren und Stürme hervorbringt, haben Farmer immer häufiger mit Ernteeinbußen zu kämpfen. Auch Krankheiten wie die Kakaokrankheit „Frosty Pod Rot“ oder die Schwarzfäule verbreiten sich vermehrt und machen viele Pflanzen unbrauchbar. Ein weiterer Grund für die sinkende Produktion ist das Alter der Kakaobäume in vielen Anbaugebieten. Viele Plantagen sind Jahrzehnte alt und weniger ertragreich, was zu einem Rückgang der Produktion führt.
Zusätzlich spielen Spekulationen an den Börsen eine entscheidende Rolle. Der Kakao wird als Rohstoff auf den Weltmärkten gehandelt, und Preisspekulationen von Anlegern und Großhändlern führen zu plötzlichen Schwankungen. Diese Spekulationen treiben die Preise künstlich in die Höhe, ohne dass die Farmer selbst davon profitieren. Letztlich werden sie durch diese Preissprünge oft in eine prekäre Lage gebracht, da sie für höhere Produktionskosten aufkommen müssen, während ihr Einkommen durch die unsichere Ertragslage unbeständig bleibt.
Weitere Faktoren sind auch die steigenden Produktionskosten, etwa für Düngemittel und Arbeitskraft, die die Farmer schultern müssen. Die hohen Produktionskosten werden durch die Preisanstiege kaum ausgeglichen, da Zwischenhändler oft den größten Teil des Gewinns einstreichen.
Die drei Säulen einer nachhaltigen Existenzsicherung für Kakaofarmer
Um Kakaofarmern langfristig zu einem stabilen und fairen Einkommen zu verhelfen, ist eine nachhaltige Struktur erforderlich, die auf drei wesentlichen Säulen basiert:
- Stabile und Faire Preise: Anstatt nur auf kurzfristige Preisschwankungen zu reagieren, brauchen Farmer verlässliche Abnahmepreise, die ihre Produktionskosten und ihren Lebensunterhalt decken und eine Rücklage ermöglichen. Fairer Handel und direkte Partnerschaften sind hier entscheidend, da sie die Farmer unabhängig von volatilen Weltmarktpreisen machen. Langfristige Abnahmeverträge schaffen Sicherheit, sodass die Farmer ihre Betriebe nachhaltig planen können.
- Technische Unterstützung und Bildungsangebote: Gerade in Zeiten des Klimawandels sind Schulungen und technische Unterstützung für nachhaltigen Anbau essenziell. Maßnahmen wie schattenspendende Pflanzen, Wassermanagement und Agroforstsysteme helfen den Farmern, ihre Ernten zu stabilisieren und die Bodenfruchtbarkeit zu fördern. Diese Unterstützung ermöglicht es ihnen, Qualität und Menge ihrer Erträge zu verbessern und sich besser auf klimatische Veränderungen einzustellen.
- Direkte und Langfristige Partnerschaften: Kooperativen und direkte Handelsbeziehungen stärken die Verhandlungsposition der Farmer und reduzieren die Abhängigkeit von Zwischenhändlern, die oft große Gewinne abschöpfen. Solche Partnerschaften bieten nicht nur finanzielle Vorteile, sondern fördern auch eine enge Bindung zwischen Farmer und Abnehmer, was zu einer stabilen und transparenten Handelsbeziehung führt.
Weitere entscheidende Faktoren für Kleinbauern
Neben diesen drei Grundpfeilern spielen noch weitere Aspekte eine wichtige Rolle:
- Diversifizierung der Einkommensquellen: Kleinbauern können nicht ausschließlich vom Kakaoanbau leben. Daher setzen viele auf diversifizierte Anbausysteme wie Agroforstwirtschaft, bei denen sie neben Kakao auch andere Pflanzen wie Bananen, Avocados oder Gewürze anbauen. Das steigert die Einnahmen und sorgt für ökologische Vorteile, wie eine bessere Bodenqualität und geringeren Schädlingsdruck.
- Klimaanpassung und ökologische Nachhaltigkeit: Der Klimawandel stellt die Kakaoproduktion weltweit vor neue Herausforderungen. Kleinbauern sind besonders anfällig für Dürre und Stürme, da sie keine großen Flächenreserven oder Puffer besitzen. Nachhaltige Anbaumethoden, die das Ökosystem stärken und klimatische Anpassungen wie Schattenbäume und Wassermanagement fördern, bieten hier Schutz. Farmer, die biodiversen Anbau betreiben, können oft auch spezielle Märkte erschließen, die höhere Preise für nachhaltige Produkte bieten.
- Stärkung der Gemeinschaften: Gemeinschaften und Kooperativen sind für Kleinbauern essenziell, da sie Ressourcen bündeln, Schulungen anbieten und den Zugang zu Fördermitteln ermöglichen. Zudem schaffen solche Netzwerke ein soziales Sicherheitsnetz, das den Farmern zusätzliche Stabilität gibt und ihnen den Zugang zu Gesundheits- und Bildungsprojekten erleichtert.
- Zugang zu Finanzierung und Versicherung: Ohne finanzielle Absicherung sind viele Farmer den Risiken durch Naturkatastrophen oder Ernteausfälle schutzlos ausgeliefert. Kredite und Mikrofinanzierung bieten Möglichkeiten, in nachhaltige Anbausysteme zu investieren. Zusätzlich wären Ernteausfallversicherungen ein wichtiger Schutz vor klimatischen Schäden.
Die Rolle der Farmgröße: Chancen und Herausforderungen für Kleinbauern in Guatemala
In Guatemala besitzen die meisten Kakaofarmer nur sehr kleine Flächen von etwa 0,8 bis 1,2 Hektar. Das limitiert die Produktionsmenge und damit das Einkommen erheblich. Skaleneffekte, die bei größeren Betrieben Kostenvorteile bringen könnten, greifen hier nicht. Doch diese kleinen Flächen haben auch Potenzial: Sie lassen sich effizient durch Mischkulturen nutzen und eignen sich besonders für biodiverse, nachhaltige Anbaumethoden. In Kooperativen können Farmer gemeinsam Ressourcen nutzen und größere Mengen verarbeiten und verkaufen, was ihnen bessere Verhandlungs