Im Tesla-Werk in Brandenburg sorgt eine umstrittene Praxis für Aufsehen. Führungskräfte machen unangekündigte Hausbesuche bei häufig krankgeschriebenen Mitarbeitenden. Solche Hausbesuche sind hierzulande unter bestimmten Bedingungen rechtlich zulässig, solange die Privatsphäre der Mitarbeiter gewahrt bleibt. Es muss aber grundsätzlich ein Verdacht bestehen, dass sich jemand unrechtmäßig als arbeitsunfähig krank gemeldet hat, erklärte Arbeitsrechtler Enrico Pätzel letzte Woche in der ARD. Aufmachen müsste man den Arbeitgeber schon, reinlassen allerdings nicht, so Pätzel.
Tesla verteidigt die Maßnahme als Reaktion auf einen überdurchschnittlich hohen Krankenstand, der phasensenweise über 15 Prozent erreicht habe. „Wir haben gut 200 Mitarbeiter festgestellt, die sich in der Lohnfortzahlung befinden, aber die in diesem Jahr noch gar nicht arbeiten waren”, sagte Werksleiter André Thierig laut dpa. Man wollte mit der Praxis an die Arbeitsmoral der Beschäftigten appellieren. Er betonte zudem, dass häufige Krankmeldungen – vor allem an Freitagen und in Spätschichten – auf Missbrauch des Sozialsystems hindeuteten. Dies gefährde den Betriebsablauf und frustriere diejenigen, die mehr Arbeit übernehmen müssen. Daher gebe es für die Praxis große Zustimmung unter der Belegschaft.
Die Gewerkschaft IG Metall kritisiert die Hausbesuche scharf. Sie sieht die Ursache für den hohen Krankenstand in den extrem belastenden Arbeitsbedingungen bei Tesla, berichtete die tagesschau letzen Donnerstag. Laut IG-Metall-Bezirksleiter Dirk Schulze übe Tesla so noch mehr Druck auf die Mitarbeitenden aus, was eher zu mehr Ausfällen führe. Statt Hausbesuche zu organisieren, solle Tesla die Arbeitsbelastung reduzieren, um die Gesundheit der Belegschaft nachhaltig zu schützen. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hält Kontrollbesuche für sinnlos. Schließlich kenne der Arbeitgeber die genaue Diagnose nicht, weshalb er nicht fachmännisch beurteilen könne, ob eine Arbeitsunfähigkeit vorliegt oder nicht, sagte Jana Wömpner vom DGB dem MDR.