Lake Wobegon in Minnesota ist ein kleiner Ort. Er hat kaum 800 Einwohner*innen. Seine Entstehungsgeschichte ist schnell erzählt. Gegründet wurde er im 19. Jahrhundert von einem Bostoner Dichter. Er kam im Gefolge einer Missionarin. Diese hatte von Gott die Eingebung erhalten, hier die Indianer*innen mittels eines Ausdruckstanzes zum Christentum zu bekehren, schließlich aber einen Trapper geheiratet. Hieß der Ort zu Beginn noch „New Albion“, so wurde später der indianische Name des Sees übernommen, der so viel bedeutet wie „Wir saßen den ganzen Tag im Regen und haben auf euch gewartet“. Die Bevölkerung von Lake Wobegon stammt überwiegend von Norweger*innen ab. Und sie ist besonders. Denn in Lake Wobegon sind „alle Frauen stark, alle Männer gutaussehend und alle Kinder überdurchschnittlich“. Das schreibt zumindest der Schriftsteller Garrison Keillor. Und ja, Lake Wobegon ist eine Erfindung. Der Ort existiert nur in seiner Fantasie – und in seinen zahlreichen „Geschichten aus Lake Wobegon“, die in mehreren Büchern gesammelt sind. Im englischen Sprachraum sind diese Bücher recht bekannt. Bis zu uns hat es aber vor allem der „Lake-Wobegon-Effekt“ gebracht. Vor allem Psycholog*innen kennen ihn. Er beschreibt die weitverbreitete menschliche Tendenz, die eigenen Leistungen und Fähigkeiten im Vergleich zu anderen zu überschätzen. Es handelt sich dabei um eine so genannte selbstwertdienliche Verzerrung (im englischen auch self-serving bias). Menschen neigen dazu, Erfolge den eigenen Fähigkeiten u... |