Letzten Freitag legte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ein Grundsatzpapier für eine „Wirtschaftswende“ vor. Darin fordert er tiefgreifende Veränderungen in der Finanz- und Klimapolitik. Die deutsche Wirtschaft leidet derzeit unter schwachem Wachstum und hohen Energiekosten, was Lindner als Anlass sieht, politische Leitentscheidungen der letzten Jahre grundlegend zu überdenken. Er sprach von einem „Herbst der Entscheidungen“ für die Bundesregierung – einer Phase, in der dringende Reformen und Sparmaßnahmen im Bundeshaushalt beschlossen werden müssten, um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu sichern.
Lindner plädiert für ein Ende des deutschen Alleingangs in der Klimapolitik und fordert eine Verschiebung der nationalen Klimaziele zugunsten gemeinsamer europäischer Standards. „Es hilft dem Klimaschutz nicht, wenn Deutschland als vermeintlicher globaler Vorreiter möglichst schnell […] versucht, seine Volkswirtschaft klimaneutral aufzustellen,“ so der FDP-Chef. Er argumentiert, dass eine schnellere nationale Dekarbonisierung zu unnötigen wirtschaftlichen Schäden und politischen Verwerfungen führe. Er fordert daher die Klimaneutralität auf 2050 anstatt wie geplant auf 2045 zu verschieben, um den Fokus auf wirtschaftliche Stabilität zu legen und Wettbewerbsnachteile zu verhindern.
Die Forderung trifft bei SPD und Grüne auf erheblichen Widerstand. Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge kritisierte den Alleingang der FDP und betonte, dass die Ampel gemeinsam agieren müsse, statt „immer wieder eigene Papiere zu veröffentlichen“. Die deutschen Klimaziele sind im Klimaschutzgesetz verankert. In ihrem Parteiprogramm unterstreichen die Grünen die Verpflichtung Deutschlands und die Dringlichkeit, die Ziele auf Grundlage des Pariser Klimaabkommens konsequent umzusetzen, um die Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Der SPD-Co-Vorsitzende Lars Klingbeil lehnte Lindners Vorschläge in der ARD ebenfalls ab. Er kritisierte, dass die Menschen so noch mehr verunsichert würden, als sie es ohnehin schon seien.